23.03.2017
Die Frage hat erhebliche praktische Relevanz: Wie kann ein Unternehmen rechtssicher einen Newsletter-Versand gestalten, ohne sich der Gefahr ausgesetzt zu sehen, hierdurch Adressaten unverlangte Werbe-E-Mails zu senden?
Viele Unternehmen nutzen hierzu das so genannte Double-Opt-In-Verfahren. Wird also in den Newsletterverteiler eine neue E-Mail-Adresse eingetragen, so wird an den Adressaten zunächst eine Anfrage versendet, ob dieser Adressat mit der künftigen Zusendung des Newsletters einverstanden ist. Dies muss dann durch Betätigung eines in dieser Anfrage-E-Mail enthaltenen Links bestätigt werden.
Die Mehrheit der mit solchen Fragen befassten Gerichte (z.B. OLG Celle und OLG Düsseldorf) hielten diesen Weg für zulässig.
Das OLG München jedoch vertrat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2012 (Urteil vom 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12) noch die Auffassung, sogar die Zusendung dieser ersten Anfrage-E-Mail sei bereits eine unverlangt zugesandte Werbe-E-Mail. Würde diese Auffassung rechtlich Bestand haben oder sich auf breiter Front durchsetzen, wäre es nicht möglich, für Unternehmen einen Newsletter-Versand anzubieten, ohne sich der Gefahr auszusetzen, wegen unverlangt zugesandter Anfrage-E-Mails in Haftung genommen zu werden. Denn es lässt sich eben nie ausschließen, dass E-Mail-Adressen in Newsletter-Verteiler eingetragen werden, ohne dass der Adressat dies selbst veranlasst hat oder hiermit einverstanden ist.
Nun zeichnet sich jedoch möglicherweise eine Kehrtwende auch am OLG München ab. In einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 23.01.2017, Az. 21 U 4747/15) stellt das Gericht fest:
„Es ist streitig, ob diese Nachfrage als Werbung zu qualifizieren ist. Das Oberlandesgericht München hat dies mit Urteil vom 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12 bejaht, während die Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf dies ablehnen (OLG Celle, Urteil vom 15.05.2014, Az. 13 U 15/14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2016, Az. 15 U 64/15).
(…)
Wenn ein Unternehmen auf eine Nachfrage eines Kunden reagiert und nachfragt, ob er tatsächlich mit der Kontaktaufnahme einverstanden ist, mag dies als bloße Nachfrage nicht unter den Begriff der Werbung fallen.“
Konkret entscheiden musste das Gericht diese inzwischen selbst als streitig erkannte Rechtsfrage in diesem Urteil jedoch nicht. Denn aus anderen Gründen war dort beim vorliegenden Fall jedenfalls von einer unverlangt zugesandten Werbe-E-Mail auszugehen.
Die mögliche Abkehr von der bislang strengen Einordnung jeder Anfrage-E-Mail als Werbung könnte zukünftig für Unternehmen, die sich des Double-Opt-In-Verfahrens bedienen, aber zumindest hierfür Rechtssicherheit bringen.
Die vollständige Entscheidung des OLG München findet sich hier.