Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster nach dem Brexit

05.03.2019

Der Brexit, in welcher Form auch immer, steht wohl bevor und wird Auswirkungen auf den bisherigen Schutz von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern haben. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über die möglichen Szenarien und die sich hieraus ergebenden Handlungsoptionen geben:

I. Szenarien

1. Szenario: Kein Brexit

Immer noch denkbar erscheint der Exit vom Brexit. In diesem Fall würde das Vereinigte Königreich in der EU bleiben und hinsichtlich der registrierten Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster würde sich überhaupt nichts ändern. Dies gilt auch zumindest für den Zeitraum, bis zu dem sich wegen einer möglichen Verlängerung der Verhandlungen der Austrittszeitpunkt verschiebt.

2. Szenario: Brexit mit Austrittsabkommen

Wenn der Brexit kommt, verlieren Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster den Schutz im Vereinigten Königreich, da sich das geschützte Territorium dieser Rechte nur auf die Mitgliedstaaten der EU bezieht.

Für den Fall eines geregelten Brexit existiert aber bereits ein Entwurf des Austrittsabkommen. Hierin befinden sich auch Regelungen zu marken- und designrechtlichen Fragen. Eingetragene Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster sollen demnach kostenfrei und automatisch in britische Marken bzw. Designrechte mit demselben Anmeldedatum umgewandelt werden können. Für laufende Anmeldungen ist eine Übergangsfrist vorgesehen.

Auf welche Weise genau die Umwandlung vorgenommen werden kann, müsste dann noch geklärt werden. Ansonsten wäre aber im Grunde zunächst jedenfalls noch nichts zu veranlassen und ein Fortbestand der Rechte auch im Vereinigten Königreich (dann in Form umgewandelter Marken und Designs) wäre gesichert.

3. Szenario: No-Deal-Brexit

Die größte rechtliche Unsicherheit besteht im Falle eines No-Deal-Brexit. Auch in diesem Fall verlieren Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster den Schutz im Vereinigten Königreich und es kommen auch keine Regelungen aus einem Austrittsabkommen zur Anwendung.

Allerdings hat die britische Regierung auch für diesen Fall dezidierte Hinweise, zuletzt aktualisiert am 17.1.2019, erteilt:

https://www.gov.uk/government/publications/trade-marks-and-designs-if-theres-no-brexit-deal/trade-marks-and-designs-if-theres-no-brexit-deal

Demnach soll auch bei einem No-Deal-Brexit der Schutz bestehender eingetragener Unionsmarken oder eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Vereinigten Königreich durch Gewährung eines neuen, gleichwertigen britischen Rechts erfolgen, das mit minimalem Verwaltungsaufwand erteilt wird.

Auch in diesem Fall wäre, sofern man diese Ankündigung der Regierung für verbindlich hält, zunächst jedenfalls nichts weiter zu veranlassen. Zum Zeitpunkt des tatsächlichen Austritts müsste dann geklärt werden, ob und bzw. welche Schritte veranlasst werden müssen, um die Erlangung dieser neuen Rechte in Anspruch zu nehmen.

Mit Beendigung der Schutzdauer der jeweiligen EU-Rechte würden auch die parallel geschaffenen Marken und Designs im Vereinigten Königreich ihren Schutz verlieren. Bei der Verlängerung wäre dann also daran zu denken, dass sowohl die EU-Rechte als auch die nationalen Rechte im Vereinigten Königreich verlängert werden müssen (sofern man den Schutz dort weiterhin benötigt).

II. Vorsorgliche Optionen

Es gilt demnach als sehr wahrscheinlich, egal in welchem Szenario, dass die Aufrechterhaltung geschützter Rechte im Vereinigten Königreich bei entsprechender Veranlassung der dann erforderlichen Schritte möglich sein wird.

Dennoch gibt es weitere vorsorgliche Handlungsoptionen.

1. Für Markenschutz

Inhaber von Unionsmarken, die sich auf diese Optionen nicht verlassen möchten, könnten vorsorglich und unabhängig hiervon eigene und neue Schutzrechte speziell für das Vereinigte Königreich anmelden.

In Betracht kommen hierbei folgende Optionen:

a) Nationale Markenanmeldung

Die gewünschten Bezeichnungen können in Form nationaler Markenanmeldungen im Vereinigten Königreich geschützt werden. Die Durchführung der entsprechenden Anmeldungen sollte durch britische Anwälte veranlasst werden. Die neu angemeldeten Marken hätten aber (jedenfalls sofern nicht innerhalb von sechs Monaten vor dieser neuen Anmeldung eine andere nationale gleichlautende Marke woanders angemeldet wurde, auf deren Priorität der Anmelder sich auch für die Folgeanmeldung im Vereinigten Königreich berufen kann) lediglich den tatsächlichen Anmeldetag als Prioritätszeitpunkt.

b) IR-Erstreckung ins Vereinigte Königreich

Alternativ können Marken im Wege einer IR-Erstreckung über die WIPO in das Vereinigte Königreich ausgedehnt werden. Bei Marken, die bislang noch keine IR-Marken sind, müsste die IR-Erstreckung als Erstanmeldung bei der WIPO beantragt werden. Marken, die bereits in Form von IR-Marken geschützt sind, können durch eine nachträgliche Schutzerstreckung auf das Territorium des Vereinigten Königreichs ausgedehnt werden.

Auch hier hätte die IR-Erstreckung für das Vereinigte Königreich aber lediglich den tatsächlichen Zeitpunkt der Erstreckung als Prioritätszeitpunkt (sofern der Anmelder auch hier sich nicht auf eine andere ausländische Priorität innerhalb von sechs Monaten vor diesem Zeitpunkt berufen kann).

2. Für Designschutz

Die für die Umwandlung von Marken geltenden Optionen (sowohl im Falle eines geregelten Brexit als auch im Falle eines No-Deal-Brexit) gelten grundsätzlich auch für eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster oder WIPO-Designs die auf die EU erstreckt sind.

Anders als bei Marken bestünden hier aber kaum Möglichkeiten, stattdessen zur Absicherung dieselben Schutzrechte im Vereinigten Königreich neu anzumelden. Denn Schutzvoraussetzung für Designschutz ist, dass im Zeitpunkt der Anmeldung ein Design noch neu ist (wobei hier in aller Regel eine Schonfrist von zwölf Monaten besteht). Designs, die bereits Gegenstand einer Anmeldung eines früheren Gemeinschaftsgeschmacksmusters waren, sind aber in diesem Sinne nicht mehr neu.

Im Hinblick auf Designschutz wird es also wohl alleine auf die Umwandlungsmöglichkeiten im jeweiligen Szenario ankommen.

III. Handlungsempfehlung

Es erscheint nach derzeitigem Stand der Dinge sehr wahrscheinlich, dass eine angemessene und einfache Möglichkeit zur Umwandlung und damit Aufrechterhaltung des Schutzes der bereits bestehenden Marken und Designs im Vereinigten Königreich geschaffen wird.

Die Erlangung neuer Marken (als nationale Marken im Vereinigten Königreich oder über eine IR-Erstreckung) hätte gegenüber diesen umgewandelten Marken den Nachteil einer jedenfalls späteren Priorität. Zudem wäre diese Handlungsoption mit recht erheblichen Kosten und Amtsgebühren verbunden.

Ich halte es aus diesen Gründen für vertretbar, zunächst weiter abzuwarten, ob es zum Brexit überhaupt und falls ja unter welchen rechtlichen Bedingungen kommt und sodann die in Aussicht gestellten Umwandlungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Wenn Sie dennoch weitere Rückfragen zur Thematik haben, stehe ich gerne zur Verfügung.

 


Mathias Straub


Rechtsanwalt

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz


Stand: 4.3.2019

In Markenrecht